Juchuu Feiertag! Kein Wecker, keine Patienten, kein Hocken im fensterlosen Labor!
Ich konnte ausschlafen und Zeit vertrödeln. Vor allem am Handy, wie immer. Ich hab mir vor lauter Feiertagsfreude bei Quertee ein T-Shirt bestellt, auf dem "The Overlook Hotel" steht. Bin sehr zufrieden mit meinem Kauf.
Nach einem Hühnernudelsüppchen sitze ich jetzt im Garten und bin etwas erstaunt, dass die Sonne scheint, sollte es heute doch ganz fieses Wetter werden.
Bis es soweit ist, schreib ich im Garten. Bei Sonne, Wind und Vogelgezwitscher.
Ach ja!
Gestern Abend brechen der Mann, die Tochter und ich auf nach Oberasbach. Dort hatte der Bub mit seinem Chor einen Auftritt. Ich liebe das ja, den Bub mit seinem Bass dort singen zu hören! Diesmal waren wir so früh dran, dass wir endlich mal gute Plätze hatten - ganz nah beim Bass.
Blöd war nur, dass ich gleich beim ersten Lied gemerkt hab, dass ich aufs Klo muss. Wegen einer extrem nervigen Blasenentzündung, die mich seit einem halben Jahr immer wieder heimsucht, wurde dieses Gefühl innerhalb von Sekunden sehr dringend und hat weh getan.
So. Was mach ich jetzt? Ich sitze in der 2. Reihe ganz am Rand, ich hätte fast unbemerkt rechtsrum an der Wand entlang verschwinden können! Wäre da nicht hinter mir eine Oma, die ihren Rollator mitten auf meinem Fluchtweg geparkt hatte. Alternativ hätte ich quer durch die Mitte am Dirigenten vorbei verschwinden müssen. Quasi zur Unterhaltung von allen Anwesenden. Diese Alternative schließe ich konsequent aus.
Ich rede mir ein, dass ich es aushalte. Ich bin die Herrin über meine Blase! Und schiele immer wieder zu diesem verflixten Rollator in der Hoffnung, ein Schlupfloch zu entdecken.
Drittes Lied. Ich hab das Gefühl, ich platze gleich. Wo wäre eigentlich eine Toilette? Wir sind in einer Kirche, da gibt es kein Klo. Vielleicht im Pfarrhaus nebenan, wenn es offen ist. Vorne an der Straße wäre eine Tankstelle .. während ich so grüble, wird es immer dringender und tut echt weh, sehr unangenehm. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren.
Also überwinde ich mich und steh auf. Gott ist mir das peinlich!! Die Oma zerrt unbeholfen am Rollator und ich quetsche mich genauso unbeholfen dran vorbei. Während der Chor hingebungsvoll ein Ave Maria von Rachmaninow vokalisiert, schleiche ich so unauffällig wie möglich an der Wand entlang zur Tür.
Geschafft.
Was jetzt? Die Tür zum Pfarrhaus ist natürlich verschlossen. Ich schau mich um, da gehen Treppen runter zu einem Hof. Alle Türen unterwegs sind zu. So schnell es mir die wütende Blase erlaubt galoppiere ich über den Hof Richtung Straße und bin in meiner Verzweiflung sogar bereit, mich 500 Meter zur Tankstelle zu prügeln.
Direkt links von mir steht ein Gebäude, ein Weltladen. Was auch immer das ist. An der Tür hängt ein Schild, irgendwas mit Kirchenjugend. Ein Versuch ist es wert, die Tür ist offen! Heureka! Ich schleiche hinein, rechts von mir in einem Raum sitzt die Kirchenjugend und musiziert, links von mir ist ein Gang. Und zu meiner grenzenlosen Erleichterung befinden sich da Türen zu Toiletten! Die sind sogar offen, als würden sie mich erwarten.
Endlich Erleichterung! Ich hätte es wahrscheinlich gar nicht bis zur Tankstelle geschafft und wäre unterwegs elendlich verendet.
Unheimlich ruhig und gelassen laufe ich den selben Weg zurück zur Kirche, öffne so leise ich nur kann die Türen und schiebe mich an der Wand zurück zur Rollatoroma. Grade mal so mit Baucheinziehen kann ich mich an der Gehilfe vorbeizwingen (ich bin sicher, alle schauen mich grade vorwurfsvoll an) und mich wieder setzen. Ein verwirrter Blick vom Bub und ein entschuldigendes, schiefes Lächeln meinerseits. Jetzt kann ich ganz gelassen zuhören und mich über die herrliche tiefe Stimme vom Bub freuen!
Nur 3 Lieder weiter ist schon Ende. Alle klatschen Beifall, die Chorsänger verneigen sich.
Die Menge schiebt sich nach draußen und ich entschuldige mich kleinlaut beim Bub. Es ging nicht anders. Wie bei einem Kleinkind - entweder schnell, oder Malheur! Das wollen wir lieber nicht.
Dafür fahre ich erst den Bub, dann die Tochter und schließlich uns nach Hause.
Am Samstag Nachmittag findet ein weiterer Chorauftritt statt. Grade ist Chorfestwoche in Nürnberg, da wird an allen Ecken und Enden gesungen. Wenn ich am Samstag mit Oma zur Kirche fahre, dann geh ich direkt vorher aufs Klo - sicher ist sicher!