Mausloch

Das Mausloch ist mein öffentliches Tagebuch.
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Donnerstag, 29. Mai 2025

Eine kleine Klogeschichte

 Juchuu Feiertag! Kein Wecker, keine Patienten, kein Hocken im fensterlosen Labor!
Ich konnte ausschlafen und Zeit vertrödeln. Vor allem am Handy, wie immer. Ich hab mir vor lauter Feiertagsfreude bei Quertee ein T-Shirt bestellt, auf dem "The Overlook Hotel" steht. Bin sehr zufrieden mit meinem Kauf.
Nach einem Hühnernudelsüppchen sitze ich jetzt im Garten und bin etwas erstaunt, dass die Sonne scheint, sollte es heute doch ganz fieses Wetter werden.
Bis es soweit ist, schreib ich im Garten. Bei Sonne, Wind und Vogelgezwitscher. 
Ach ja!

Gestern Abend brechen der Mann, die Tochter und ich auf nach Oberasbach. Dort hatte der Bub mit seinem Chor einen Auftritt. Ich liebe das ja, den Bub mit seinem Bass dort singen zu hören! Diesmal waren wir so früh dran, dass wir endlich mal gute Plätze hatten - ganz nah beim Bass. 
Blöd war nur, dass ich gleich beim ersten Lied gemerkt hab, dass ich aufs Klo muss. Wegen einer extrem nervigen Blasenentzündung, die mich seit einem halben Jahr immer wieder heimsucht, wurde dieses Gefühl innerhalb von Sekunden sehr dringend und hat weh getan.
So. Was mach ich jetzt?  Ich sitze in der 2. Reihe ganz am Rand, ich hätte fast unbemerkt rechtsrum an der Wand entlang verschwinden können! Wäre da nicht hinter mir eine Oma, die ihren Rollator mitten auf meinem Fluchtweg geparkt hatte. Alternativ hätte ich quer durch die Mitte am Dirigenten vorbei verschwinden müssen. Quasi zur Unterhaltung von allen Anwesenden. Diese Alternative schließe ich konsequent aus.
Ich rede mir ein, dass ich es aushalte. Ich bin die Herrin über meine Blase! Und schiele immer wieder zu diesem verflixten Rollator in der Hoffnung, ein Schlupfloch zu entdecken.
Drittes Lied. Ich hab das Gefühl, ich platze gleich. Wo wäre eigentlich eine Toilette? Wir sind in einer Kirche, da gibt es kein Klo. Vielleicht im Pfarrhaus nebenan, wenn es offen ist. Vorne an der Straße wäre eine Tankstelle .. während ich so grüble, wird es immer dringender und tut echt weh, sehr unangenehm. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren.
Also überwinde ich mich und steh auf. Gott ist mir das peinlich!! Die Oma zerrt unbeholfen am Rollator und ich quetsche mich genauso unbeholfen dran vorbei. Während der Chor hingebungsvoll ein Ave Maria von Rachmaninow vokalisiert, schleiche ich so unauffällig wie möglich an der Wand entlang zur Tür.
Geschafft.
Was jetzt? Die Tür zum Pfarrhaus ist natürlich verschlossen. Ich schau mich um, da gehen Treppen runter zu einem Hof. Alle Türen unterwegs sind zu. So schnell es mir die wütende Blase erlaubt galoppiere ich über den Hof Richtung Straße und bin in meiner Verzweiflung sogar bereit, mich 500 Meter zur Tankstelle zu prügeln. 
Direkt links von mir steht ein Gebäude, ein Weltladen. Was auch immer das ist. An der Tür hängt ein Schild, irgendwas mit Kirchenjugend. Ein Versuch ist es wert, die Tür ist offen! Heureka! Ich schleiche hinein, rechts von mir in einem Raum sitzt die Kirchenjugend und musiziert, links von mir ist ein Gang. Und zu meiner grenzenlosen Erleichterung befinden sich da Türen zu Toiletten! Die sind sogar offen, als würden sie mich erwarten.

Endlich Erleichterung! Ich hätte es wahrscheinlich gar nicht bis zur Tankstelle geschafft und wäre unterwegs elendlich verendet.
Unheimlich ruhig und gelassen laufe ich den selben Weg zurück zur Kirche, öffne so leise ich nur kann die Türen und schiebe mich an der Wand zurück zur Rollatoroma. Grade mal so mit Baucheinziehen kann ich mich an der Gehilfe vorbeizwingen (ich bin sicher, alle schauen mich grade vorwurfsvoll an) und mich wieder setzen. Ein verwirrter Blick vom Bub und ein entschuldigendes, schiefes Lächeln meinerseits. Jetzt kann ich ganz gelassen zuhören und mich über die herrliche tiefe Stimme vom Bub freuen!

Nur 3 Lieder weiter ist schon Ende. Alle klatschen Beifall, die Chorsänger verneigen sich.
Die Menge schiebt sich nach draußen und ich entschuldige mich kleinlaut beim Bub. Es ging nicht anders. Wie bei einem Kleinkind - entweder schnell, oder Malheur! Das wollen wir lieber nicht. 
Dafür fahre ich erst den Bub, dann die Tochter und schließlich uns nach Hause. 

Am Samstag Nachmittag findet ein weiterer Chorauftritt statt. Grade ist Chorfestwoche in Nürnberg, da wird an allen Ecken und Enden gesungen. Wenn ich am Samstag mit Oma zur Kirche fahre, dann geh ich direkt vorher aufs Klo - sicher ist sicher!







Montag, 5. Mai 2025

Gruselkirche zu Regensburg

Ich mag alte Kirchen. Am liebsten sind mir romanische und gotische Bauwerke, so wie die Lorenzkirche, die Sebalduskirche oder die Frauenkirche in Nürnberg. Steinerne Säulen und Spitzbögen, uralte Steinfiguren, hohe Deckengewölbe. Find ich ganz toll!

Wunderschön ist zum Beispiel auch der Dom in Köln, in Straßburg oder in Regensburg. In die Kategorie "ganz fies" fallen moderne Gotteshäuser. Etwas weniger ansprechend empfinde ich barocke Kirchen. Oder auch schlimm - Rokoko. Viel zu überladen, zu viel Gold und Protz, zu kitschig. Trotzdem haben Waldfeger und ich vor ein paar Jahren die Kirche St. Emmeram in Regensburg besucht. Diese Kirche hat mich nachhaltig beeinflusst. Das Gebäude ist schlicht angsteinflößend!

Gruselkirche

Ich wollte das dem Mann unbedingt zeigen, als wir neulich wieder in Regensburg waren. Als ich mich endlich an den Namen St. Emmeram erinnert hab, waren wir 7 Straßen entfernt - und in 15 Min schließt diese Kirche laut Internet. Jetzt aber schnell! Der Mann mit dem Navi in der Hand vorneweg, ich im Affenzahn humpelnd hinterher! Nachdem ich so viel auf den Beinen war den ganzen Tag, beschloss mein arthroseverseuchtes Fußgelenk in Streik zu treten. Aber ich will dem Mann diese unheimliche Kirche zeigen! 3 Minuten vor Toresschluss haben wir das Ziel erreicht und stehen vor den Toren St. Emmerams. 

Von der Straße aus führt ein Weg durch den Vorhof des Klosterkomplexes zum bogenförmigen Vorplatz der Kirche. Und ungelogen, schon der war irgendwie unheimlich. Obwohl die Sonne scheint, liegt dieser Vorhof in einem dunklen Schatten und verströmt Unbehagen. Die Kirche, die eigentlich eine Basilika ist, wurde seit 780 erbaut, im Prinzip genau mein Ding. Aber diese Mauern sind irgendwie seltsam. Die große, uralte Holztür war offen.

In der Kirche ist es still. Totenstill. Der Mann und ich nehmen uns an die Hand, sicher ist sicher. Wir sind völlig alleine hier. Links von uns erstreckt sich ein barockes Kirchenschiff, rechts von uns hinter schmiedeeisernen Toren befindet sich ein zweiter Altarraum. Das ist der gruseligste Teil. Ich ziehe den Mann in diesen seltsamen, zweiten Kirchenteil. Riesig hohe Decke, dunkel verziert über dunkelweiß gekalkte Wände mit sehr finsteren, überdimensionalen Gemälden, auf denen man nichts erkennen kann. Wir stehen zwischen der Rückseite der großen Orgel und der Rückseite des zweiten Altars, der von zwei Seiten über Treppen zu erreichen ist. Spontan findet der Mann, dass es hier tatsächlich richtig gruselig ist. Durch die Größe des Raums und dieser Finsternis überall wäre das, seiner Meinung nach, ein prima Drehort für Zombiefilme.

Wir geben uns den Rest und steigen steinerne Stufen zu einer Krypta hinab. Da unten finden wir unter massiv steinernen Bögen einen dritten Altarraum. Eine drückende Stimmung, wie in einem alten Keller. Ich bin mir sicher, hier spukt es! Die verdammten Seelen mittelalterlich verkannter und gepeinigter Menschen stehen hier überall rum - wir können sie nur nicht sehen. Aber erahnen. Der Mann, ein Fan von Grusel- und Horrorgeschichten, ist begeistert. Ich will lieber raus hier.

Wir machen Fotos. Noch immer sind wir alleine und noch immer ist es totenstill. Man könnte seinen Herzschlag hören, der offensichtlich erhöht ist. Dann wenden wir uns dem Hauptschiff der Kirche zu und setzen uns auf die hinterste Bank. Ich sehe, dass an den Wänden links und rechts von uns hoch oben mehrere Figuren angebracht sind, unter anderem etliche Engelsköpfe, sog. Putten. Jede Putte schaut in eine andere Richtung. Als mein Blick auf den Puttenkopf direkt über uns fällt. Der schreit uns an! Tatsache! Er ist wütend und schreit uns stumm an! Ein paar Meter tiefer starrt mich ein steinerner Kopf aus der Mauer an. Nur ein Kopf! Als wäre da einer eingemauert worden und hätte zusehen dürfen. Haben die Baumeister dort ihren fiesen Chef entsorgt, der im Laufe der Jahrhunderte versteinert ist? Man weiß es nicht. Würde sich eine der Figuren oder dieser Kopf plötzlich bewegen, ich wär in Ohnmacht gefallen! Genauso würde ich das den alten Köpfen zutrauen. Locker! Verflucht für die Ewigkeit!!

Wir stehen lieber wieder auf, der Mann geht auf Entdeckungstour vor zum Altar und ich bemerke hoch oben neben der Orgel am Fenster jemand, der uns beobachtet. Schocksekunde! Aber der Typ bewegt sich nicht, er starrt nur auf mich herab. Bei näherem Hinsehen merke ich, dass das gar kein Typ ist sondern eine Figur. Die steht da und starrt. Und so, wie sein Gewand um die Brüstung drapiert ist, gehört er dahin! Keine abgestellte Figur, die eventuell restauriert werden soll oder ausgemustert - nein, der muss so! Er hat ein Gesicht, das irgendwie mumifiziert ist. 
Der Mann kommt strahlend vom Altar zurück und findet diese Atmosphäre hier klasse! Ich zeige ihm unseren stummen Beobachter und er ist begeistert! Ein steinerner, leicht mumifizierter Beobachter der Gemeinde!!

Allmächt!

Noch einmal geben wir uns alles und schauen nochmal zu dem zweiten, schaurigen Altar. Ich entdecke zwei kleine Steinfiguren im Eisengatter. Kleine, goldene Kerlchen, Bischöfe wohl oder ähnlich wichtiges. Der rechte schaut gerade aus, der linke trägt seinen Kopf in seinen Händen vor sich her. ALTER! Was ist hier los? 
Zum Glück liegt gerade niemand in dem gläsernen Sarg-Kasten unter dem Altar. Dort werden zu besonderen Anlässen immer wieder ein paar heilige Knochen von heiligen Märtyrern gelagert, um ihrer zu gedenken. Oder um die Menschen zu warnen: Das passiert mit dir, wenn du katholisch bist und für deinen Sache einstehst. Bis zum Ende. Dann bist du eine Reliquie und man legt deine alten, dunkelbraunen Gebeine in den Glaskasten und du verbreitest Entsetzen! 
 
(ich will mich an dieser Stelle bei allen gläubigen Katholiken für die Wortwahl entschuldigen) ... (Ihr macht das toll!)

Es scheint niemand große Lust zu haben, die Basilika zu schließen, noch immer ist die Türe offen. Übrigens eine tolle Tür mit phantastischen, eisernen Schlössern! Aber ich bin trotzdem froh, diese zu öffnen und nach draußen in die normale Welt zu gehen! Wir stehen unter den Bögen des Kirchenvorplatzes und haben das Gefühl, von der Kirche ausgespuckt worden zu sein. Ich hab Gänsehaut, obwohl es warm ist und drüben auf der Straße die Sonne scheint. 


Nur hier nicht. Hier ist es dunkel. Jahrhunderte altes Dunkel. Dunkel und kalt. 
Ein Ort, der aus der Zeit gefallen ist. 
St. Emmeram.











Wut, Schmerz oder Hass? Ich tippe auf Hass


hat jemand den Chef gesehen? Chef??


siehst du den heimlichen Beobachter?


Orgel-Ötzi




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Foto aus dem Netz: 
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 Hier liegt der, der immer schon hier liegt!


dieses moderne Schloss hätte man auch anders anbringen können









St. Emmeram, Emmeramsplatz 4, Regensburg 
Cute Rat